Therapieansätze bei MOGAD – von der Akutbehandlung zur langfristigen Strategie

Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein-Antikörper-assoziierte Erkrankung (MOGAD) ist eine seltene, antikörpervermittelte Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die sich klinisch sehr heterogen präsentieren kann – von Optikusneuritis über Myelitis bis zu kortikalen Enzephalitiden. Anders als bei MS oder AQP4-positiver NMOSD existieren bislang keine zugelassenen Langzeittherapien, und viele neurologische Kolleginnen und Kollegen sind bei der Frage nach Akut- und Dauertherapie mit Unsicherheiten konfrontiert. Der aktuelle Übersichtsartikel in Autoimmunity Reviews fasst den Stand der Evidenz zu Akutbehandlung, Steroid-Ausschleichen, Erhaltungstherapie und laufenden Studien zusammen und bietet damit eine gute Orientierung für den klinischen Alltag.

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Therapiefreie Remission mit Cladribin-Tabletten – Wie realistisch ist dieses Ziel bei MS?

In der MS-Therapie hat sich in den letzten Jahren ein deutlicher Wandel vollzogen: weg von der reinen Schubkontrolle hin zu Strategien, die auf eine möglichst langfristige Krankheitsberuhigung, geringere Therapiebelastung und idealerweise therapiefreie Intervalle abzielen. In unserem aktuellen Review in der Journal of Neurology-Serie sind wir der Frage nachgegangen, ob eine therapiefreie Remission mit Cladribin-Tabletten bei Multipler Sklerose ein realistisches Behandlungsziel ist – und für welche Patientengruppen dieser Ansatz in besonderem Maße infrage kommt.

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Geriatrische Forschung in Deutschland: Viel Potenzial, viele Hürden

In Zusammenarbeit mit Bendix Labeit

Deutschland wird älter – und mit dem demografischen Wandel wächst der Bedarf an guter Altersmedizin. Geriatrische Versorgung braucht jedoch mehr als Strukturen und Personal: Sie lebt von Ärztinnen und Ärzten, die sowohl klinisch als auch wissenschaftlich arbeiten. Genau hier setzt die GERisearch-Umfrage an, über die wir in der Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie berichten. Ziel war es, Forschungsaktivität, Interessen und Rahmenbedingungen geriatrisch tätiger Ärzt:innen in Deutschland sichtbar zu machen.

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Wie Fumarate Nervenzellen schützen könnten – Ferroptose als neues Puzzleteil bei MS

Fumarate wie Dimethylfumarat (DMF) und Diroximelfumarat (DRF) gehören seit Jahren fest ins Portfolio der MS-Therapie. Dass sie Entzündungen dämpfen und das ZNS schützen können, ist bekannt – aber wie genau dieser Schutz auf Zellebene aussieht, war bislang nur teilweise klar. Eine aktuelle experimentelle Arbeit bringt nun einen spannenden Mechanismus ins Spiel: den Schutz vor Ferroptose.

Ferroptose ist eine Form des programmierten Zelltods, die stark von Eisen und Lipidperoxidation abhängt. Gerade Myelin und Oligodendrozyten sind anfällig für oxidativen Stress – also genau die Strukturen, die bei MS immer wieder unter Beschuss geraten. In verschiedenen Modellen konnte nun gezeigt werden, dass DRF und sein aktiver Metabolit Monomethylfumarat Myelin und oligodendrogliale Zellen vor ferroptosebedingten Schäden bewahren. Parallel werden zentrale „Anti-Ferroptose“-Akteure hochreguliert, etwa GPX4, HMOX1, FSP1, SLC7A11 und Ferritin. Kurz gesagt: Fumarate schalten Schutzprogramme an, die Eisen-getriebene Membranschäden begrenzen.

Wichtig ist, dass dieser Effekt nicht nur ein Artefakt aus der Zellkultur ist. In Tiermodellen unter DMF-Therapie steigen die GPX4-Spiegel in weißer und grauer Substanz, und auch bei MS-Patientinnen und -Patienten lässt sich unter Fumaratbehandlung eine verstärkte Expression anti-ferroptotischer Gene in peripheren Immunzellen nachweisen. In anderen Erkrankungen (z.B. rheumatoider Arthritis) ließ sich das so nicht replizieren – ein Hinweis darauf, dass es sich um einen kontext- und organspezifischen Mechanismus handeln könnte.

Für den klinischen Alltag ändert das zunächst nichts: Fumarate bleiben, was sie sind – etablierte verlaufsmodifizierende Therapien. Die Studie liefert aber ein wichtiges mechanistisches Puzzleteil: Fumarate aktivieren nicht nur klassische antioxidative Nrf2-Wege, sondern stärken offenbar gezielt anti-ferroptotische Schutzpfade. In einem Krankheitsbild, in dem die Integrität von Myelin und Oligodendrozyten zentral ist, könnte Ferroptose damit zu einem eigenen therapeutischen Ziel werden – und Fumarate wären eines der ersten Beispiele, wie sich neuroinflammatorische Prozesse genau über diese Achse günstig beeinflussen lassen.

Quelle: Fischer K, Thewes L, Prozorovski T, et al. Fumarate-based drugs protect against neuroinflammation via upregulation of anti-ferroptotic pathways. J Neuroinflammation. 2025;22(1):241. Published 2025 Oct 27. doi:10.1186/s12974-025-03592-3


Therapie-Wechsel bei MS: Was bringt der Switch zwischen Anti-CD20-Antikörpern und Cladribin?

Multiplen Sklerose. Beide richten sich in unterschiedlicher Weise gegen B-Zellen und gelten als hochwirksam bei aktiver Erkrankung. Dennoch gibt es immer wieder Patientinnen und Patienten, bei denen trotz dieser Therapien weiterhin Krankheitsaktivität auftritt – oder bei denen die langfristige Sicherheit zum Problem wird, etwa durch Infektionen oder Hypogammaglobulinämie unter langjähriger Anti-CD20-Therapie. Genau hier setzt eine neue multizentrische deutsche Studie an, die den gezielten Wechsel zwischen Anti-CD20 und Cladribin in der Versorgungspraxis untersucht hat.

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Minimalinvasive Therapien bei idiopathischer intrakranieller Hypertension (IIH): Moderne Optionen für eine komplexe Erkrankung

In Zusammenarbeit mit Marc Pawlitzki

Die idiopathische intrakranielle Hypertension (IIH) ist eine Erkrankung mit teils erheblicher Morbidität, die vor allem junge, adipöse Frauen betrifft. Charakteristisch ist eine Erhöhung des intrakraniellen Drucks ohne Nachweis eines Tumors, einer venösen Sinusthrombose oder eines Hydrozephalus. Klinisch stehen therapieresistente, oft migräneähnliche Kopfschmerzen und Sehstörungen im Vordergrund, die bis zur irreversiblen Visusminderung oder Erblindung fortschreiten können. Pathophysiologisch spielen dabei nicht nur das Körpergewicht, sondern vor allem metabolische und endokrine Faktoren eine Rolle – etwa Insulin- und Leptinresistenz, hormonelle Dysbalancen sowie venöse Abflussstörungen mit Stenosen der Sinus transversus. Diese Mechanismen führen zu einer gestörten Liquorproduktion und -resorption und damit zu einem chronisch erhöhten Hirndruck.

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Wearable Schlafmonitoring bei CIDP

In Zusammenarbeit mit Jan Voth

Patientinnen und Patienten mit chronisch entzündlicher demyelinisierender Polyneuropathie (CIDP) leiden häufig unter schlechtem Schlaf – ein Aspekt, der ihren Alltag stark beeinträchtigen kann, bislang aber kaum untersucht ist. Dabei messen wir Schlaf im Alltag eigentlich nie, obwohl wir wissen, dass er bei CIDP eine wichtige Rolle spielt.

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Wie Bewegung die Erholung nach Schlaganfall fördert – eine Schlüsselrolle für Immunzellen und IL-10

Körperliches Training gilt seit Langem als wirksame Therapie, um nach einem Schlaganfall Bewegungs- und Gehirnfunktionen wiederherzustellen. Doch bislang war unklar, welche molekularen Prozesse dahinterstehen. Eine neue Studie von Forschenden der Universitäten Münster und Düsseldorf zeigt nun, dass spezielle Immunzellen – sogenannte regulatorische T-Zellen (Tregs) – dabei eine zentrale Rolle spielen.

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Locityper: Das verborgene Erbgut entschlüsseln

Ein Großteil dessen, was jeden Menschen genetisch einzigartig macht, liegt nicht in einzelnen DNA-„Buchstaben“, sondern in großen, komplexen Unterschieden in unseren Genen – den sogenannten strukturellen Varianten. Diese Unterschiede – etwa wiederholte, fehlende oder umgeordnete DNA-Abschnitte – sind entscheidend, um zu verstehen, wie Gene Krankheiten beeinflussen.

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Wie die Gefäßarchitektur des Putamen Kognition bei Small-Vessel-Disease beeinflusst

Die zerebrale Small-Vessel-Disease (CSVD) gehört zu den häufigsten Ursachen für Schlaganfälle und Demenz im Alter. Anschließend wurde mit dem sogenannten Vessel Distance Mapping (VDM) berechnet, wie weit jedes Gewebevoxelion beeinträchtigen kann, ist seit Langem bekannt – die Mechanismen dahinter sind jedoch noch nicht vollständig verstanden. Eine neue Studie der Uni Magdeburg in Zusammenarbeit mit der Uni Düsseldorf zeigt nun, dass die mikrovaskuläre Architektur im Putamen eine zentrale Rolle spielt.

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