Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein-Antikörper-assoziierte Erkrankung (MOGAD) ist eine seltene, antikörpervermittelte Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die sich klinisch sehr heterogen präsentieren kann – von Optikusneuritis über Myelitis bis zu kortikalen Enzephalitiden. Anders als bei MS oder AQP4-positiver NMOSD existieren bislang keine zugelassenen Langzeittherapien, und viele neurologische Kolleginnen und Kollegen sind bei der Frage nach Akut- und Dauertherapie mit Unsicherheiten konfrontiert. Der aktuelle Übersichtsartikel in Autoimmunity Reviews fasst den Stand der Evidenz zu Akutbehandlung, Steroid-Ausschleichen, Erhaltungstherapie und laufenden Studien zusammen und bietet damit eine gute Orientierung für den klinischen Alltag.
Therapeutisch besonders anspruchsvoll ist die Entscheidung, wann eine dauerhafte Erhaltungstherapie begonnen werden sollte. Ein relevanter Anteil der Betroffenen bleibt über Jahre monophasisch, gleichzeitig zeigen Kohorten, dass über 50 % im Verlauf rezidivieren. Daher rückt die individuelle Risikostratifizierung in den Fokus: Ein erhöhtes Rezidivrisiko findet sich unter anderem bei Optikusneuritis als Erstsymptom, jungem Alter (insbesondere < 40 Jahren), weiblichem Geschlecht, frühen oder sehr frühen Rezidiven („polyphasischer“ erster Schub) sowie bei ungünstigen Biomarkerprofilen wie dauerhaft hohen MOG-IgG-Titern, erhöhtem Liquoreiweiß, erhöhtem Homocystein oder hohen sNfL-/sGFAP-Werten. In diesen Konstellationen spricht vieles für einen frühen Beginn der Erhaltungstherapie bereits nach dem ersten Ereignis.
Für die Langzeitbehandlung liegen mittlerweile umfangreiche Beobachtungsdaten zu mehreren Substanzen vor: B-Zell-depletierende Therapien wie Rituximab oder Inebilizumab, klassische Immunsuppressiva wie Azathioprin und Mycophenolat-Mofetil sowie IVIg und IL-6-Inhibition (insbesondere Tocilizumab) können die jährliche Schubrate deutlich senken, wobei IVIg und Tocilizumab in Metaanalysen teils mit besonders hoher Wirksamkeit und schnellerem Wirkungseintritt auffallen. Gleichzeitig müssen Nebenwirkungen wie Infektionen, hämatologische Toxizität oder Langzeitrisiken (z. B. unter Azathioprin) individuell gegen das Rezidiv- und Behinderungsrisiko abgewogen werden.
Aktuell laufen mehrere randomisierte Phase-3-Studien (u. a. zu Azathioprin, FcRn-Blockade und Satralizumab), die erstmals Klasse-1-Evidenz für die Behandlung der MOGAD liefern sollen. Parallel werden Biomarker wie MOG-IgG-Titer, sNfL, sGFAP und neue Kandidaten (z. B. sCD83) weiter validiert, um künftig Rezidivrisiko und Therapienutzen besser vorhersagen zu können. Insgesamt zeichnet sich ab: Die Therapie von MOGAD bewegt sich weg vom starren „one size fits all“-Ansatz hin zu risikoadaptierten, biomarkergestützten Strategien – mit dem Ziel, Rezidive frühzeitig zu verhindern, unnötige Immunsuppression zu vermeiden und den Langzeitverlauf möglichst günstig zu beeinflussen.

