Therapieoptionen bei MS und rheumatoider Arthritis: Was wirkt wirklich?

In Zusammenarbeit mit Marc Pawlitzki

Die gleichzeitige Diagnose von Multipler Sklerose (MS) und rheumatoider Arthritis (RA) stellt in der klinischen Praxis eine therapeutische Herausforderung dar – zumal einige Medikamente für die eine Erkrankung die andere verschlechtern können. Eine neue Übersichtsarbeit unter Federführung der Kollegen aus der MHH (Neurol Res Pract 2025) bietet nun eine systematische Einordnung aktueller krankheitsmodifizierender Therapien (DMT) bei Komorbidität von MS und RA.

Pathophysiologisch teilen sich MS und RA einige Gemeinsamkeiten: Beide Erkrankungen zeigen eine Beteiligung von CD4+ T-Zellen (insbesondere Th1- und Th17-Subtypen) und eine zentrale Rolle von B-Zellen. Auch genetische Risikofaktoren – etwa bestimmte HLA-DRB1-Allele – überschneiden sich. Diese Parallelen wecken Hoffnung auf Therapien, die bei beiden Krankheitsbildern wirksam sein könnten. Gleichzeitig bestehen aber auch relevante Unterschiede – etwa in den betroffenen Organsystemen und in der Bedeutung einzelner Zytokine wie TNF-α oder IL-6. Letztere sind bei RA zentraler Angriffspunkt moderner Therapien, bei MS jedoch mit neuroprotektiven Prozessen assoziiert. Das macht die Behandlung komplex – und potenziell riskant.

Was sagt die Evidenz?

  • Geeignete Optionen:
    Besonders empfehlenswert sind Teriflunomid (bzw. Leflunomid) sowie Anti-CD20-Antikörper (Ocrelizumab, Ofatumumab, Ublituximab, Rituximab). Diese zeigen positive Effekte bei beiden Erkrankungen – Teriflunomid eher bei moderater MS-Aktivität, Anti-CD20 eher bei hochaktiven Verläufen.
  • Mögliche Alternativen:
    Auch Cladribin könnte infrage kommen, insbesondere wenn Anti-CD20-Therapien abgesetzt werden müssen (z.B. bei Hypogammaglobulinämie).
  • Wenig Nutzen:
    Substanzen wie Interferon-β, Methotrexat, Abatacept oder BTK-Inhibitoren zeigen kaum konsistente Effekte bei der jeweiligen Zweiterkrankung. Für JAK-Inhibitoren oder S1P-Modulatoren fehlen aktuell Studien zur Wirksamkeit bei MS bzw. RA.
  • Warnung und Kontraindikationen:
    Besonders kritisch sind TNFα-Inhibitoren, die bei RA sehr effektiv sind, in MS jedoch Krankheitsschübe auslösen können – sie gelten daher bei MS als kontraindiziert. Auch Alemtuzumab, Dimethylfumarat und Natalizumab können RA verschlechtern und sollten bei Komorbidität vermieden werden.

Fazit

Für Patienten mit MS und RA kommen vor allem Teriflunomid und Anti-CD20-Antikörper infrage. Der Einsatz anderer Substanzen erfordert eine sorgfältige Abwägung – teils aufgrund fehlender Evidenz, teils wegen potenzieller Risiken. Die Übersicht liefert eine wertvolle Grundlage für die Therapieentscheidung bei komplexer Autoimmun-Komorbidität.

Quelle: Konen FF, Witte T, Ernst D, Hagin D, Jendretzky KF, Möhn N, Nay S, Grote-Levi L, Sühs KW, Klotz L, Pfeuffer S, Pul R, Kleinschnitz C, Pawlitzki M, Meuth SG, Skripuletz T. Management of disease-modifying therapies in multiple sclerosis and comorbid rheumatoid arthritis. Neurol Res Pract. 2025 Jul 17;7(1):48. doi: 10.1186/s42466-025-00414-y. PMID: 40676697; PMCID: PMC12273305.