Gemeinsam stark: Patienten mit Myasthenia gravis zusammen mit der Politik unterstützen

Neben den direkten Beeinträchtigungen durch die Erkrankung leiden Menschen mit Myasthenia gravis of zusätzlich unter einer verspäteten Diagnose, bürokratischen Herausforderungen und finanziellen Folgen. Hauptanliegen eines parlamentarischen Frühstücks unter der Schirmherrschaft des Bundestagsabgeordneten Erich Irlstorfer (CSU) und des Biotech-Unternehmens argenx war es daher, die Versorgungssituation Betroffener nachhaltig zu verbessern. Dabei tauschten sich Experten mit Vertretern aus der Politik und einer Patientenorganisation aus.

„Seltene Erkrankungen, wie die Myasthenia gravis, haben in der Öffentlichkeit nicht die Aufmerksamkeit, der sie bedürfen“, war sich Erich Irlstorfer sicher. Er ist der pflegepolitische Berichterstatter der Unionsfraktion und hat im vergangenen Jahr die Sensibilisierungskampagne „Seltene Erkrankungen Bayern“ initiiert. Oft haben Patienten eine wahre Arzt-Odyssee hinter sich, bis die Diagnose gestellt wird. Und dann erfolgt in vielen Fällen lediglich eine Symptombehandlung. „Die Unzufriedenheit mit der oft unzureichenden Therapie und das Gefühl, nicht verstanden zu werden, sind bei den Betroffenen groß“, so Irlstorfer. „Hier möchten wir heute ansetzen und mit gebündelter Kraft Lösungsmöglichkeiten für verbesserte Rahmenbedingungen erarbeiten“, erklärte Detlef Wolff, General Manager bei argenx Deutschland. Als gemeinsames Vorhaben ist ein europaweit verfügbares White Paper geplant, mit dem Ziel, die Forschung zur Myasthenia gravis zu bündeln und sowohl die krankheits- als auch die länderübergreifende Zusammenarbeit zu verbessern.

Verbesserte Diagnostik und Therapie im Fokus

Prof. Dr. Dr. Sven Meuth, Direktor der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, legte die schwierige Versorgungssituation der Myasthenia gravis-Patienten in Deutschland dar: „Bis der richtige Patient bei den für ihn richtigen Ärzten landet, können Jahre vergehen.“ Grund für das verzögerte Therapiemanagement ist u. a. ein Informationsmangel bei den oft zuerst aufgesuchten Augenärzten und Allgemeinmedizinern. „Jeder Myasthenia gravis-Betroffene konsultiert zu Beginn seiner Erkrankung mindestens einmal einen Augenarzt. Diese wissen viel zu wenig über diese seltene Erkrankung – genauso wie die Allgemeinmediziner“, berichtete Claudia Schlemminger von der Deutsche Myasthenie Gesellschaft e.V.. Es bedarf daher Weiterbildungsmöglichkeiten, damit frühe Symptome seltener Erkrankungen besser eingeordnet werden können. „Hinzu kommt, dass Laborkontrollen diagnosebezogen und nicht therapiebezogen vergütet werden. Daher werden wichtige Parameter von Allgemeinmedizinern aus Angst vor einem Regress häufig nicht erhoben“, unterstrich Schlemminger. Hier sollten Strukturen geschaffen werden, an denen sich Ärzte und Patienten gleichermaßen orientieren können, bekräftigte auch ihr Kollege, Dieter Rothardt.

Zudem sei nur in Einzelfällen sichergestellt, dass die Betroffenen innerhalb einer Stunde ein spezialisiertes Zentrum aufsuchen können, erklärte Schlemminger weiter: „Wir arbeiten an vielen Stolpersteinen, die nicht vorhandene wohnortnahe Versorgung ist eine davon. Hier ließe sich einiges mit digitalen Lösungen auffangen.“ Diesen Ansatz hielt auch Prof. Dr. Andreas Meisel, leitender Direktor am Centrum für Schlaganfallforschung in Berlin, für essentiell. So könnte ein Informationsaustausch auch zwischen den persönlichen Terminen sichergestellt werden. „Häufig erfahren wir Behandler nichts von wichtigen Ereignissen, da sie bereits Wochen zurückliegen und in Vergessenheit geraten sind. Doch eine kontinuierliche Versorgung kann nur gewährleistet werden, wenn alle Informationen, Daten und Werte vorhanden sind“, so der Experte.

Mehr bewegen für Patienten mit Myasthenia gravis

Die Teilnehmer des parlamentarischen Frühstücks waren sich einig, dass es einer gemeinsamen Anstrengung bedarf, um die Versorgungsrealität für alle Beteiligten mit seltenen Erkrankungen zu verbessern. Als erste Schritte wurde ein engerer Austausch zwischen Politik, Industrie und Experten angeregt. Darüber hinaus sollten Informationsmöglichkeiten und psychosoziale Unterstützung ausgebaut werden. Dazu zählen u.a. der Ausbau digitaler Formate und des Myasthenie-Registers sowie Verbesserungen der Pflege.

  Forderungen an die Politik auf einen Blick Weiterbildungen und Schulungen für Allgemeinmediziner, um frühe Symptome zeitnah zu erkennenFinanzierung von Diagnoseuntersuchungen durch die KrankenkassenVerbesserung der telemedizinischen VersorgungAnerkennung der Myasthenia gravis als chronische Erkrankung mit Begrenzung der Selbstbeteiligungskosten für Medikamente und Pflegematerial auf 1 % des BruttoeinkommensErhöhung des Betrages für haushaltsnahe Leistungen, mit dem Ziel, die Kosten für Haushaltshilfen und pflegedienstliche Leistungen vollständig abzurechnenSchaffung einer zentralen allgemeinen Plattform durch das Bundesministerium für Gesundheit zu seltenen Erkrankungen mit Informationen über Leistungen, Antragsstellungen und Behandlungsmöglichkeiten