Autologe Stammzelltransplantation bei aggressiver Multipler Sklerose – Aktuelle Empfehlungen

Die neu gegründete Task Force Autologe Stammzelltransplantation des KKNMS hat einen Kriterienkatalog zum Einsatz der autologen Stammzelltransplantation (AHSZT) bei MS in Deutschland sowie eine Patientenaufklärung zu dieser Therapie entwickelt. Beide Dokumente sind ab sofort als Download auf der KKNMS Homepage verfügbar.

Die autologe Stammzelltransplantation (AHSZT) wird international seit Längerem als Therapiemöglichkeit aggressiver MS-Verläufe diskutiert. Mittlerweile sind Daten über Langzeiteffekte hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit verfügbar – auch im Vergleich mit anderen hochwirksamen Therapieprinzipien (Sharrack et al. 2020). Die AHSZT beruht dabei auf dem Konzept, dass durch eine komplette Zerstörung mit nachfolgendem Wiederaufbau des Immunsystems die krankheitsverursachende Fehlsteuerung des Immunsystems bei der MS langfristig oder sogar dauerhaft beseitigt werden könnte (Lünemann et al. 2020). Bei der AHSZT werden blutbildende Stammzellen aus dem Blut gesammelt und eingefroren. In der Folge wird mittels Chemotherapie das Immunsystem der Patient:innen ausgeschaltet. Unmittelbar danach werden ihm/ihr die Stammzellen wieder zurückgegeben und diese bauen ein neues Immunsystem auf.

Man nimmt an, dass bis zu 5% der MS-Betroffenen an einem aggressiven MS-Verlauf leiden und somit für ein solch maximal in das Immunsystem eingreifendes Verfahren in Frage kommen.

In Deutschland ist das Verfahren zwar verfügbar, es gibt aber bisher keine strukturierten Erfahrungen mit der AHSZT bei MS. Dies hängt vor allem mit der unklaren Situation der Kostenübernahme durch die Krankenkassen zusammen. Aufgrund des – mittlerweile auch medial verstärkten – Interesses an der Methode kommt es immer häufiger vor, dass Patient:innen mit MS die AHSZT auf eigene Kosten im Ausland durchführen lassen. Dies stellt letztlich eine inakzeptable Situation dar, die angesichts der elaborierten MS Versorgung in Deutschland so nicht weitergehen darf.

Das KKNMS hat daher eine eigene Task Force „Autologe Stammzelltransplantation“ etabliert. In der Zusammenarbeit von MS-Experten und Stammzellspezialisten der Hämatoonkologie wurden jetzt Kriterien sowie Informationsmaterialien zum gezielten Einsatz der AHSZT bei der MS entwickelt. Darüber hinaus gibt es Empfehlungen zur Aufklärung, zur Durchführung und zur Überwachung nach der Therapie. „Die AHSZT führt quasi zu einem Neustart des Immunsystems und stellt damit eine sehr wirksame Form der Immuntherapie dar, die wir einsetzen können“, sagen Prof. Heesen und Prof. Wildemann, die Leiter dieser Initiative. Bei aller Euphorie muss aber bedacht werden, dass das Verfahren nicht ohne Risiken ist. Trotz der weltweit mehr als 4.000 dokumentierten Transplantationen bei MS sind viele Fragen noch unklar. Neben einem Sterblichkeitsrisiko von bis zu 1% sind vor allem die langfristigen Risiken bei MS nur wenig erforscht. Deshalb strebt die Task Force Autologe Stammzelltransplantation des KKNMS neben einheitlichen Empfehlungen zur Indikationsstellung, Therapiedurchführung und Nachsorge eine systematische Erfassung der AHSZT bei MS in Deutschland an, um die Kriterien zur Transplantation zu verbessern und Nutzen und Risiken besser abzuschätzen. Zudem sollen über die Task Force in Zusammenarbeit mit Fachgesellschaften und Patientenorganisationen die Möglichkeiten einer Finanzierung der HSCT durch die Krankenkassen ausgelotet werden.

Das Zusammenspiel wissenschaftlicher Projekte sowie der Dokumentation der Versorgung erfolgt in Zusammenarbeit mit der GERMAN MS Study Group des KKNMS sowie der Task Force Versorgungsstrukturen und Therapeutika, der Kommission Neuroimmunologie der DGN mit den wesentlich beteiligten Fachgesellschaften und Patientenvertretungen DGN, BDN, BVDN, DMSG sowie der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Hämatopoetische Stammzelltransplantation und Zelluläre Therapie (DAG-HSZT).

Die AHSZT Kriterien und Patienteninformation finden Sie auf der Homepage des KKNMS.

The adenosinergic signaling in the pathogenesis and treatment of multiple sclerosis

In Zusammenarbeit mit Eduardo Duarte

Multiple Sclerosis (MS) is a chronic inflammatory disease that affects the Central Nervous System (CNS) causing demyelination and neuroaxonal degeneration. Research has shown that many signaling pathways are dysfunctional in MS and contributes to its development and progression. In this regard, adenosine (ADO) is a molecule largely involved in cell communication and has a prominent role in the modulation of CNS physiology, immunity and behavior. ADO is generated by the action of CD39 and CD73, enzymes that converts ATP/ADP to AMP and subsequently to ADO, respectively. Once generated, ADO can bind to four different purinergic (P1) receptors: adenosine A1 receptor (A1R), adenosine A2A receptor (A2AR), adenosineA2B receptor (A2BR) and adenosine A3 receptor (A3R).

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Immunoadsorption versus double-dose methylprednisolone in refractory multiple sclerosis relapses

In Zusammenarbeit mit L. Rolfes

Intravenöses Methylprednisolon (MPS, 1000 mg/ Tag für 3 bis 5 Tage) ist die Standardbehandlung für Schübe der Multiplen Sklerose (MS), führt aber bei bis zu einem Viertel der Patienten nicht zu einer zufriedenstellenden Verbesserung der Symptome. Obwohl die Immunadsorption (IA) als eskalierte Schubtherapie als gut verträgliches und risikoarmes Verfahren gilt, fehlt es an aussagekräftigen Belegen für ihre Wirksamkeit im Vergleich zu einer doppelten Dosis MPS (2000 mg/ Tag über nochmals 3 bis 5 Tage).

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Ublituximab zur Behandlung der Multiplen Sklerose

B-Lymphozyten spielen eine wesentliche Rolle in der Pathogenese der Multiplen Sklerose (MS) und sind zunehmend Ziel therapeutischer Interventionen. Bereits heute stehen mit Rituximab, Ocrelizumab und Ofatumumab monoklonale Antikörper zur Verfügung, die zu einer ausgeprägten B-Zell Depletion führen und bei MS Betroffenen eine effektive Behandlungsoption darstellen.

Mit Ublituximab wurde nun ein neuer Antikörper in zwei Studien untersucht, bei dem gezielt die Zuckerstruktur so verändert wurde, damit die Antikörper vermittelte Zytotoxizität (ADCC – antibody dependent cellular cytotoxicity) erhöht wird.

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Das Uhthoff-Phänomen

In Zusammenarbeit mit Alice Willison

Das Uhthoff-Phänomen ist eine vorübergehende (d. h. weniger als 24 Stunden andauernde) Verschlechterung der neurologischen Funktion bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS), die auf eine erhöhte Körperkerntemperatur zurückzuführen ist. Als Auslöser werden u. a. die Menstruation, Sport, Fieber, Sonnenbaden, eine heiße Dusche oder Sauna, psychischer Stress, eine warme Mahlzeit sowie das Rauchen von Zigaretten genannt – all dies verursacht eine erhöhte Körperkerntemperatur.

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Expertenkonsens zum Langzeitmanagement von MS-Patient:innen unter Cladribin-Tabletten

Ein Expertenkonsens schlägt für das Langzeitmanagement von MS-Patient:innen, die mit Cladribin-Tabletten behandelt wurden nach dem 4. Jahr, je nach Status der Krankheitsaktivität eine Verlängerung des behandlungsfreien Intervalls, eine erneute Behandlung mit Cladribin-Tabletten oder einen Therapiewechsel auf ein anderes DMT vor.

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Detecting ongoing disease activity in mildly affected multiple sclerosis patients under first-line therapies

In Zusammenarbeit mit Lars Masanneck

Die Auswahl an heute verfügbaren therapeutischen Optionen bei der Multiplen Sklerose (MS) macht ein gezieltes Verlaufsmonitoing der Erkrankung notwendig, um adäquate Therapientscheidungen zu treffen. Gerade bei vermeintlich leichter betroffenen Patientinnen und Patienten ist der Stellenwert üblicher und neuerer Verlaufsparameter aber unklar. Die hier vorgestellte Arbeit zielte daher darauf ab, die Krankheitsaktivität in einem vermeintlich leicht betroffenen Patientenkollektiv anhand verschiedener klinischer, radiologischer und serologischer Verlaufsparameter zu dokumentieren und zu bewerten.

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Thinking outside the box: non-canonical targets in multiple sclerosis.

In Zusammenarbeit mit Laura Bierhansl

Multiple Sklerose (MS) ist eine immunvermittelte Erkrankung des Zentralnervensystems, die zu Demyelinisierung, axonaler Degeneration und Astrogliose und damit zu fortschreitender neurologischer Behinderung führt. Aufgrund neuer Erkenntnisse in der Immunpathogenese von MS hat sich die Palette der verfügbaren Immuntherapien für den klinischen Einsatz in den letzten zwei Jahrzehnten erweitert. MS ist jedoch nach wie vor eine unheilbare Krankheit, und selbst mit gezielten Immuntherapien lässt sich das schleichende Fortschreiten der Krankheit oft nicht kontrollieren.

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Immunologische Zellveränderungen unter Cladribin

In Zusammenarbeit mit Leoni Rolfes

Cladribin gilt als semi-selektive Immunrekonstitutionstherapie, die nach kurzer Behandlungsdauer eine langfristige Remission der hochaktiven schubförmigen Multiplen Sklerose (RMS) bewirken soll. Das Konzept von Immunrekonstitutionstherapien liegt darin, dass vorübergehenden Verringerung verschiedenen Leukozytenpopulationen von einer differenzierten Erholung dieser abgelöst wird, die eine Wiederherstellung der Immunfunktion und eine dauerhafte Wirksamkeit über die anfängliche Immunsuppression hinaus ermöglicht. In diesem Zusammenhang wurde in der vorliegenden Studie die Wirkung von Cladribin auf die Reduktion der Immunzellen und die Rekonstitution während der ersten zwei Jahre der Behandlung untersucht.

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Risiken der MS-Therapie mit Alemtuzumab besser einschätzen

Projekt PROGRAMS des KKNMS schafft Basis für neue Prognose-Methode

Wer bereits morgens vom Stau weiß, meidet vielleicht die Autobahn. Wer aus der Vorhersage erfährt, dass ihm drei Wochen Regenwetter blühen, der sagt die Fahrradtour vermutlich ab. Schon bei solchen Kleinigkeiten richten wir uns nach Vorhersagen. Was wäre erst, wenn eine Prognose mich vor gefährlichen Nebenwirkungen schützen könnte? Im Hinblick auf die Multiple Sklerose (MS) hat ein Team unter Mitarbeit von Wissenschaftlern des Krankheitsbezogenen Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) aus der Forschungsprojektallianz „Prognostische und Therapeutische Marker“ nun einen möglichen Weg für solche Vorhersagen gefunden. Ihre Erkenntnisse – soeben veröffentlicht in der Fachzeitschrift BRAIN – können MS-Patienten helfen, die mit Alemtuzumab behandelt werden.

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